Aron holt Silber, Ingo eine Zeitstrafe

Silver Skiff: Die Langstreckenregatta in Turin

Immer wieder, jahrelang hörte ich Aron, Dave, Susanne und David Keenan schwärmen vom Silver Skiff in Turin. Und immer wieder sagte ich mir, das muss ich auch machen. Dieses Jahr hatte ich Zeit und war fit genug dafür. Also nix wie hin.

Aber zuerst noch so ein bisschen trainieren, meist im Hafen mit erhöhter Schlagfrequenz 10 Kilometer rudern. Mein Ziel ist, mit einer 26er/27er Schlagfrequenz durchzufahren.

Der Termin, Sonntag 07. November, rückt näher. Ich als Silver Skiff Rookie bin gespannt wie das so ist. Nun hat Dave als alter Silver Skiffhase alles ganz cool organisiert. Aron besorgt die Zimmer, Dave die Anmeldung und die Kommunikation mit den Flörsheimern David K., Sebastian Göbel und Rudi Axthelm. Alles erfahrene Ruderrecken. Wir starten am 05.11. um 6.20 Uhr am Bootshaus (definitiv nicht meine Zeit). Um 07.00 Uhr sind wir bei den Flörsheimern, die freundlicherweise Ihren Bus zur Verfügung stellen, weil der bequemer und etwas zuverlässiger ist als unsere Minna. Schließlich sind wir rund zehn Stunden unterwegs.

Die Tour beginnt. Wir fahren an Basel, einigen Seen und Skigebieten vorbei. Nach gut zehn Stunden wuseln wir mit dem Gespann durch die Turiner Innenstadt und es ist erstaunlich, dass trotz des vielen Gehupes und Reingedrängel alles heil und entspannt ankommt. Ein großes Dankeschön an unsere Flörsheimer Fahrer. Wir beziehen unser Hotel und gehen gut italienisch essen. Zuvor bewundere ich die Lichter auf dem Wasser des Po, die Blinker an den Auslegern der Ruderboote, die im Dunkeln noch trainieren.

Am nächsten Morgen geht es nach einem ausgiebigen Frühstück an die Regattastrecke. Wir registrieren uns, bekommen nach der Coronaüberprüfung unser Armbändchen und können uns dann recht frei bewegen. Alles gut organisiert. Wir riggern unsere Boote auf und starten bei kaltem aber klarem Wetter eine Trainingsrunde. Man muss sich ja die Strecke mal anschauen, auf der man sich am nächsten Tag mit 550 Ruderer*innen ein Rennen liefert.

Das offizielle Training ist um 12.00 Uhr vorbei und es startet das Kinder Skiff – 1,5 Kilometer. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was morgen auf uns zu kommt. Alle 15 Sekunden startet ein Boot. Das geht ganz schön flott.

Wir machen uns frisch und schlendern durch die Turiner Innenstadt. Wir suchen ein Kaffee in der Sonne und wollen es uns gut gehen lassen. Irgend jemand bestellt ein großes Bier. In Italien nimmt man das dann nicht so genau mit den Maßangaben 0,5 Liter werden dann mal schnell 1 Liter Bier. Dann noch ein paar italienische Leckereien einkaufen, in irgendeinem schönen Restaurant rasch einen Tisch für acht Personen bestellen und dann die Füße hoch legen. Füße hoch legen? Denkste. Der Hotelier ist sehr bemüht und telefoniert locker 30 Minuten – ohne eine Erfolgsmeldung. Also gehen wir auf gut Glück los und kommen nirgends unter, außer bei einem italienischen Chinesen. Wo es so schmeckt, wie die Kombination aus beidem klingt …

Der Regattamorgen
Es ist schweinekalt. Wir kommen zu unseren Booten und dann die Katastrophe. Daves Boot wurde über Nacht stark beschädigt. Wahrscheinlich ist irgendwer über das Boot gestiegen oder draufgefallen. Der Salm, der so viel genutzt wird bei uns, ist kaputt. Dave klärt mit der Regattaleitung ab, dass er später starten darf und Sebastian vom Flörsheimer Ruderverein stellt Dave sein Boot zur Verfügung. Die Teilnahme ist gesichert. Aber der Verlust des Bootes drückt unsere gute Stimmung.

Sebastian, Rudi und David starten vor mir. Bei dem Gewusel hier helfen wir uns alle gegenseitig, unsere Boote heil ins Wasser zu bringen und wieder rauszuholen.

Flott geht einer nach dem anderen auf die Strecke. Auf einmal kommt 398 Attentione. Go! 398? Ach, das bin ja ich. Na, dann los, zum Glück ein Fliegender Start. Startsequenz, dann Schlagzahl 33-34. Es läuft ganz gut, die erste Überholung schon nach 200 Metern. So was, immer noch 31er Frequenz und schon 1.000 Meter vorbei. Oha, jetzt geh aber langsam auf deinen Streckenschlag. Der pendelt sich bei 26-28 ein. Ja, so läuft das gut. Oh Mann, warum können die Langsamen keinen Platz machen? die sehen doch, dass hier Thors Hammer kommt! Grrr. Wieder so ein Blockierer. Ich überhole einen nach dem anderen – und fahre in die Bojen; Sch…, aber alles halb so schlimm.

Da hinten kommt die Wende. Was sagte Aaron? 100 Meter vor Wende sei Überholverbot? Da ist kein Schild! Ich überhole munter weiter. So, jetzt die Wende. Sind die alle doof? Wie lange brauchen die, um Ihre Boot darum zu heben. Ach, voll rein und rum um das Ding und an allen vorbei. „Eh! Attentione!!“ Rumms. Da fährt mir doch so eine Ruderschnecke ins Boot. Na, den hämmere ich gleich weg. Mhh … die Schiris sehen dass wohl anders. 20 Sekunden Zeitstrafe für mich. Das erste Mal dabei und nur fünf Leute der 550 Starter bekommen eine Penalty. Und ich bin dabei.

Ok, was geht’s! Rechts, links, rechts, links, wieder überholen, oh Mann, der Typ vor mir lässt mich nicht vorbei. Was für ein …! Und was ist das jetzt? Ein Boot von hinten kommt näher. Was? Ich werde überholt?? Was erlaubt … ah, ein Senior, das ist keine Schande. Aber zeigt mir auch das ich nicht mehr der Jüngste bin.

Und dann höre ich schon den italienischen Regattasprecher. Ok, Entspurt: 700 Meter mit 31er Schlagfrequenz – wann kommt endlich diese blöde Zielhupe? Ah, die Beine brennen. Möööp Und dann ist es vorbei. Ziel geschafft unter 50 Minuten. 49,39 Minuten. Ganz ok für das erste Mal. Dann kommt noch die Penalty drauf, naja, immer noch unter 50 Minuten. Ich rudere locker den Po runter an der Promenade vorbei bei herrlichen Sonnenschein. Ich will gar nicht mehr runter vom Wasser. Aber alles Schöne hat auch mal ein Ende.

Sebastian hat von unserer Gruppe die beste Zeit 48,22 Minuten, Platz 8 in der Masters C bei 25 Startern. Dave kommt mit einem fremden Boot mit einer Zeit von 55,49 und Platz 24 ins Ziel.
Ingo hat mit Penalty in den Masters D 49,59 Minuten, Platz 12 von 41 Startern.
Rudi, Masters G, 50,11 Minuten Platz 4 von 28 Startern.
Susanne hat einen sehr guten 9. Platz mit 56,34 Minuten bei den Frauen Masters D erreicht.
David Keenan wurde bei den Masters B 11. mit 50 Minuten.

Und unser Aron schaffte es auf den zweiten Platz in seiner Altersklasse ab 80 Jahren mit 58,39 Minuten. So konnten wir wenigstens Einen aus unserer Gruppe auf dem Siegerpodest bejubeln.

Fazit: Nach dem Silver Skiff ist vor dem Silver Skiff. Auf geht’s ins Training. Mir fehlen nur 9 Minuten, um den mehrfachen Weltmeister und Olympiasieger Martin Sinkovic zu schlagen. Das ist doch ein Ziel. Nein im Ernst: Es war ein Riesenspaß und ich danke allen Organisatoren und Ruderern aus unserer Gruppe für die angenehme Zeit. Mit Euch fahre ich jederzeit wieder da hin.

Text & Fotos: Ingo Starck