Coastal Rowing mitten in Brandenburg
Viola und Tatjana bei den World Rowing Masters 2024
Die größte Regatta des Ruderweltverbandes (World Rowing/FISA) fand in diesem Jahr vom
12. bis 15. September auf dem Beetzsee in Brandenburg an der Havel statt. Bei dem Saisonhighlight für Ruderer über 27 Jahren starteten alle drei Minuten bis zu acht Boote gleichzeitig. Auf einer Distanz von 1.000 Metern wurden in 13 Altersklassen und unterschiedlichen Bootsgattungen die schnellsten Boote und die besten Ruderer aus 52 Nationen ermittelt. Annähernd 3.600 Ruderer waren vor Ort. Ein gigantisches Spektakel!
Frühere Nationalmannschafts-Ruderer, ehemalige Olympioniken und dazwischen auch Normalsterbliche, so wie wir, waren hier gemeinsam am Start! Mut und eine gewisse Unerschrockenheit mussten wir, Tatjana und Viola (RKV Bad Kreuznach/MRG), hier schon unter Beweis stellen. Täglich starteten wir in einem Rennen in unterschiedlichen Altersklassen – dieses Pensum trauten wir uns zu. Schon im Vorfeld wussten wir, dass die Strecke mit unserem Trainingsrevier auf der Nahe wahrscheinlich wenig gemein haben würde – von erfahrenen Ruderern wird sie als schwierig eingestuft. Diesem Ruf folgend nahmen tatsächlich der Wind und die Wellen von Tag zu Tag zu.
Natürlich waren wir vor unserem ersten Rennen aufgeregt. Anspannung und Aufregung scheinen alterslos zu sein. Kurz vor dem Start wurden alle namentlich für Ihre Nation aufgerufen. Unweigerlich wurde das Geschehen so noch einmal mit größerer Bedeutung aufgeladen. Mit einem respektablen vierten Platz im ersten Rennen waren wir schon einmal sehr zufrieden. Der Knoten war geplatzt und so konnte es weiter gehen. Wir steigerten uns von Rennen zu Rennen – die Starts wurden spritziger und wir immer angriffslustiger.
Gleichzeitig wurde das Wasser immer unruhiger und die Windböen nahmen beträchtlich an Fahrt auf. Die Kleinboote, also Einer und Zweier, bekamen zunehmend Probleme – einige kenterten. Unter solchen Bedingungen erfordert das Rudern ein gehöriges Maß an technischer Perfektion gepaart mit richtig dosiertem Krafteinsatz. Wer hier vom Start weg voller Kraft gegen die Naturgewalten ankämpft, hält das auf 1.000 Meter nicht lange durch. Kluge Renntaktik gepaart mit Demut vor den Elementen waren gefragt.
Dieser Maxime folgend, erkämpften wir uns unter atlantischen Bedingungen in unserem letzten Doppelzweier-Rennen einen 3. Platz – ein großartiger Erfolg! Zwei Stunden später wollten wir nochmals mit einem Frauen-Doppelvierer starten. Wir beide waren schließlich hochmotiviert. Es sollte alles anders kommen … beim Ablegen vom Steg fühlten wir uns mittlerweile wie beim Coastal-Rowing. Für diese Disziplin hatten wir allerdings nicht das passende Boot! Kurz vor uns kenterte dann tatsächlich ein anderes Großboot (Doppelvierer). Unverzüglich rückte die DLRG aus und die Regatta wurde für den Rest des Tages abgebrochen. Alle zu diesem Zeitpunkt auf dem Wasser befindlichen Boote und Ruderer wurden unter teils chaotischen Bedingungen und großen Mühen wieder wohlbehalten an Land gebracht.
Für unsere gemeinsame Rennruder-Leidenschaft müssen wir uns beide auf nationales und internationales Parkett begeben. In unserer Altersklasse sind leider auf regionaler Ebene kaum noch Gegnerinnen zu finden. Die ältesten Teilnehmer bei den diesjährigen World Rowing Masters waren übrigens weit über 90 Jahre – wenn das kein gutes Omen ist! Das erfüllt mich mit großer Freude und beruhigt mich ungemein. Wir können noch lange zusammen Regatten rudern … dabeibleiben werden allerdings auch unsere bärenstarken Gegnerinnen!
Text: Viola Herr / Fotos: Tatjana Maus, Viola Herr, meinruderbild.de